05.04.2009
Demonstration in Kehl - ein paar Eindrücke.
-Anreise mit der "Friedenslok" aus NRW. Die Grünen
im Zug dürften allenfalls 2-3 Abteile füllen unter
den 800 Mitreisenden aus NRW. Maßgeblich organisiert
von der Linken. Für die ist die Sache jetzt schon ein
großer Erfolg - quasi "Team-Building" beim
Parteiaufbau.
-Die Ankunft in Kehl wird von der Polizei künstlich
verzögert, damit der Zug nicht "zu früh" in
Kehl ankommt. Gleiches gilt, wie man später erfährt,
für die Busse. Der Zug muss 20 Minuten warten, bis er
nach Kehl einfahren kann.
-In Kehl Empfang durch die Polizei. Absperrungen führen
die Demonstrationsteilnehmer zum Kundgebungsplatz. Die Demo
wird von Polizeiketten mit Helm und Kampfausrüstung
gesäumt. So dürften sich Neo-Nazis auf ihren Demos
fühlen.
-Die Kundgebung wird erreicht, eigentlich soll es jetzt
los gehen, um über die Europa-Brücke nach Stzrasbourg
zu gehen, um an einer großen Kundgebung teilzunehmen,
danach dann in die Strasbourger Innenstadt zu einer Abschlußkundgebung
- ob dass alles klappt? Rückfahrt des Zuges ist für
18:30 Uhr geplant.
- Auf der Kundgebung werden Auflagen verlesen, das Mitführen
von Klobürsten ist untersagt. Habe keine dabei. Glück
gehabt. Der massiven Präsenz der Polizei an der Straße
entspricht die Präsenz bei der Kundgebung: unter den
Demonstranten mehrere Grüppchen von Polizei, daneben
der Lautsprecherwagen, der immer wieder sinnfreie Durchsagen " wir
begrüßen sie" etc. macht, um auch auf diese
Weise massive Präsenz zu zeigen. Schön: ein grüner
aus Stuttgart hat ein Transparent mit der Aufschrift Grüne
Friedensini. Treffe ein paar Grüne: Sylvia, Jörg,
Ruth.
Uns wird's zu bunt, wir wollen nach Straßburg und
verlassen die Kundgebung. Begebe mich mit drei anderen Richtung
Europabrücke. Auf dem Weg sehen wir überall Polizei,
selbst aus Münster sind einige dabei. Da ist der Aufgang
zur Brücke zu shen. Die Polizei versperrt meinem Sohn
(15j) und seinem Freund den weiteren Weg. Er dürfe nicht
weiter, sei in die Kategorie "rot" einzustufen,
der bei der Demo nur Ärger machen wolle. Wie der Polizist
dazu kommt? Wegen der langen Haare? Vielleicht wegen der
schwarzen Jacke. Auf der ist eine Fahne mit einem "A" drauf.
Dass es sich um einen Fan-Artikel von Arminia Bielefeld handelt,
fällt dem Herrn nicht auf, er kommt aus Sachsen und
kennt sich wahrscheinlich nur in der 3. Liga aus. Für
meinen Sohn praktischer Sozialkundeunterricht, bei dem er
mehr lernt, als in der Schule.
Die Polizei hat offenbar keineswegs vor, die Demonstranten
des Ostermarsches nach Strasbourg zu lassen. Mit Ausweiskontrollen
und Durchsuchungen soll der Zug nach Strasbourg so lange
verzögert werden, dass man nicht ankommt. Erinnerungen
an "Container-Joe" 1981 in Brokdorf werden wach.
Da auch mein Anwaltsausweis nichts nutzt und ich in erster
Linie nach Strasbourg will, ziehen wir weiter und erreichen über
einem Umweg die Brücke. Aber auch dort geht es nicht
weiter. Es ist zwar alles friedlich, aber die Brücke
ist gesperrt. Mehrere Polizeiketten versperren den Zugang.
"
Einsturzgefahr" erklärt ein Beamter, der offenbar
keine Schulung für freundlichen Umgang absolviert hat.
Wir geben ein TV Interview, und ärgern uns über
uns selbst: Wie konnte man nur glauben, dass die Polizei,
die im Stile einer Bürgerkriegsarmee antritt, uns über
die Brücke lassen wird? Es ist doch eine bekannte Polizeitaktik "friedliche" und "militante" Demonstranten
zu trennen, um auf die einen draufhauen zu können. Ein
breiter Protest gegen die NATO Tagung wird jedenfalls von
der Polizei vereitelt. Nach zwei Stunden brennt das ohnehin
zum Abriss bestimmte Zollhäuschen. Jetzt ist jedem klar,
dass wir nicht nach Strasbourg kommen, die deutsche Polizei
wird es auf die Militanten in Frankreich schieben und freut
sich. Von französischer Seite kommen Demonstranten auf
die Brücke, man sieht Fahnen vor der Polizeikette, aber
ein Durchkommen ist aussichtslos. Später erfährt
man durch ein Interview eines französischen Demonstranten
im SWR, dass die Polizei die Brücke dicht gemacht hatte,
bevor sich irgendetwas auf französischer Seite ereignet
hatte.
Nach einigen Stunden kommt auch der Ostermarsch und wird
vor der auf die Europabrücke führenden Straße
von der Polizei gestoppt. Wir beobachten alles von einem
kleinen Hügel, auf dem sich auch eine putzige DKP Blaskapelle
einfindet. Nach einiger Zeit können die Demonstranten
etwas weiter vor. Die Polizei hatte vorher einen Weitermarsch
der Demonstration erlaubt. Aber die Demo zieht nur bis zur
Straße auf die Brücke. Die meisten wollen nicht
zurück auf den Parkplatz der Auftaktkundgebung, sondern
wenigstens Strasbourg sehen, wo inzwischen schwarze Wolken
aufsteigen. Es gibt eine Kundgebung.
Als es uns zu langweilig wird, gehen wir in eine Bahnhofsbar
und sehen die 2. Halbzeit der Bundesligakonferenz. Vorher
noch Nachrichten. Tenor: Deutsche Polizei hat richtige Taktik,
deshalb alles friedlich, anders die Franzosen, deshalb dort
Krawalle. Erinnert etwas an die Teilung in ISAF/Nord und
ISAF/Süd in Afghanistan. Die Wahrheit liegt eher darin,
dass auf deutscher Seite Demonstranten waren, die eine bessere
Meinung über den Saat hatten, als diejenigen auf französischer
Seite, dokumentiert darin, dass sie glaubten, die Polizei
würde ihnen den Weg nach Strasbourg erlauben.
Als die Bundesliga Konferenz vorbei ist und alle für
Arminia gespielt haben gehen wir zum Zug und erreichen nach
einigen Stunden Münster.
Wilhelm Achelpöhler
Kontakt:
Uli Cremer 0160 / 81 21 622
cremer@gruene-friedensinitiative.de
Wilhelm Achelpöhler 0171 / 17 17 392
achelpoehler@gruene-friedensinitiative.de
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